(OE) „Ins Nordlicht blicken“ von Cornelia Franz ist im Jahr 2018 verbindliche Prüfungslektüre für den Jahrgang 10. Der spannungsgeladene Text hat die Schülerinnen und Schüler nicht mehr losgelassen. Der Roman behandelt die Themen Identitätssuche, Schuldgefühle und den Klimawandel. Insbesondere geht es um einen Jungen, der mit all diesen Themen zu kämpfen hat. Cornelia Franz ist eine deutsche Autorin, die seit vielen Jahren Kinder- und Jugendbücher sowie Romane für Erwachsene schreibt. In einem Interview steht die erfolgreiche Autorin den Schülerinnen und Schülern des Deutsch E-Kurses, geleitet von Herrn Oellers, Rede und Antwort: - Enthält Ihr Roman "Ins Nordlicht blicken" autobiographische Züge? Ja, auch ich habe, so wie Pakku, in meiner Kindheit und Jugend mehrere abgebrochene Beziehungen erlebt: Meine Mutter starb ebenfalls, als ich ein Baby war. Meine Stiefmutter verschwand aus meinem Leben, als ich sechs Jahre alt war, und aufgezogen wurde ich dann von meiner Großmutter. Und das Verhältnis zu meinem Vater war schwierig. So wie Pakku war ich mit 17 Jahren an einem Punkt in meinem Leben, wo ich am liebsten weg wollte. - Welche Inspirationen hatten sie insbesondere für diesen Roman? Sicherlich das, was ich oben beschrieben habe. Dazu den Wunsch durch das Schreiben ein für mich neues Land kennenzulernen. Und dann hat mich all das inspiriert, was ich über Grönland erfahren habe. - Gab es bei dem Schreiben des Romans Schwierigkeiten bei der detaillierten Beschreibung Grönlands? Wie sind Sie mit diesen Schwierigkeiten umgegangen? Ich habe sehr viel im Internet recherchiert, Bücher gelesen, Dokumentationen gekuckt, und bin dann nach Grönland geflogen, um nachzurecherchieren. Als schwierig habe ich das nicht empfunden, sondern als sehr spannend. - Was glauben Sie, warum die Lektüre gerade für den Unterricht interessant ist? Weil der Protagonist sich mit Themen herumschlägt, die viele Jugendliche wohl nachvollziehen können: Er ist 17, gerade mit der Schule fertig und weiß nicht, was er mit seinem Leben anfangen soll. Er traut sich nicht, sich auf die Liebe einzulassen. Er hat Probleme mit dem Vater. Außerdem ist das Thema Klimawandel für die Schule relevant. Schließlich sind es die Kinder von heute, die sich lange damit auseinandersetzen müssen. Man kann das Buch also auch interdisziplinär einsetzen. Und dann ist das Ganze in eine spannende Geschichte gepackt. - Warum liegt Ihnen das Thema Klimawandel so am Herzen? Das Thema Klimawandel stand für mich nicht im Vordergrund, als ich mit dem Schreiben des Romans begann. Aber wenn man sich mit Grönland beschäftigt, wird man mit der Nase darauf gestoßen. Es ist eines der wichtigsten Themen unserer Zeit. Und so wie Pakku sich den Folgen seiner Tat stellen muss, müssen wir uns alle auch den Folgen unseres Handelns in Bezug auf die Umwelt stellen. - Weshalb haben Sie sich für Grönland als zentralen Handlungsort entschieden? Im Vordergrund stand mein Wunsch, eine für mich fremde Umgebung als Kulisse für meinen Roman zu nehmen, um mich aus dem Alltag heraus zu beamen und etwas Neues kennenzulernen. Gegenden, die viel Weite und Leere bieten, haben mich schon immer fasziniert. Und Grönland passte für mich sehr gut als Schauplatz für meine Geschichte. Es ist für mich eine Metapher für die Kälte und Einsamkeit, die ein junger Mensch oft empfindet. Viele junge Grönländer wollen weg, da sie keine Zukunft dort für sich sehen – das passte sehr gut zu meiner Geschichte. |
Außerdem hat Grönland ja gerade erst seine Unabhängigkeit von Dänemark erlangt und erinnert mich von daher an einen Jugendlichen, der sich von Vergangenem, von Autoritäten und Prägungen, befreien möchte, um seinen eigenen Weg zu finden. Es ist ein Land, das (wie Pakku) um seine Identität ringt und das einen gewaltigen Wandel erleben wird. - Was bedeuten die zentralen Themen im Roman für Sie persönlich? Die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen, ist für mich ist eines der Themen, das mein Leben begleitet. Auch das Thema Aussöhnung mit der eigenen Vergangenheit, mit dem, was einem angetan wurde, und mit dem, was man wiederum selbst anderen angetan hat, ist für mich sehr wichtig. - Haben Sie sich überlegt, wie es mit den Figuren nach dem Roman weitergeht? Gibt es vielleicht sogar eine Fortsetzung? Für mich ist Pakkus Geschichte eigentlich auserzählt. Wenn es eine Fortsetzung geben würde, müsste die von Lloyd handeln, der ja auch nicht zu seiner Tat gestanden hat. Aber das Buch werde ich wohl nicht schreiben. - Welche Bedeutung haben die Zeitsprünge im Roman, auch für das Schreibverfahren? Da ich die Geschichte eines Menschen erzählen wollte, der an einen Ort zurückkehrt, von dem er einmal unbedingt weg wollte, ergab sich für mich die Idee mit den zwei Zeitschienen wie von selbst. Ich habe immer abwechselnd geschrieben, wodurch der eine Erzählstrang jeweils den anderen beeinflusst hat. Das fand ich eine sehr spannende Arbeitsweise, bei der ich selbst nicht wusste, ob es funktionieren würde. |