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Von allen dienstlich erzwungenen Zusammenkünften, zu denen der Lehrkörper zu erscheinen hat, ist ihm am Ende eine doch die liebste, nämlich die Gesamtkonferenz, im liebevollen Fachjargon: GeKo. Die Jahrgangsversammlung ist da mit zu viel Verantwortung belastet und die Fachdienstversammlung mit zu vielen Detailfragen, denen man sich aufgrund der geringen Gruppengröße kaum entziehen kann. Wieviel schöner ist es da doch, sich im Plenum der Gesamtkonferenz zu verlieren, ohne als Individuum allzusehr im Mittelpunkt stehen zu müssen. Vielmehr wärmt man sich am Herdfeuer der Schule, wo jede und jeder nach seinen Vorstellungen partizipieren kann – und wenn es nur als stiller Teilhaber ist, der nebenbei seinen Winterpullover vervollständigt oder sein Korrekturpensum abarbeitet.

Für die Anonymität des Einzelnen sorgten in früheren Zeiten die Ritter der Schwafelrunde, jene engagierten Soloakteure meist älteren Baujahres, die zuverlässig aller Augen auf sich zogen und sich rhetorisch gegenseitig geschickt die Bälle zuspielten, so dass immer für eine Entgegnung gesorgt war. Das wirkte mal enervierend, mal konstruktiv, war aber immer mit viel Herzblut vorgetragen und fehlt nun, da die Silberrücken in den wohlverdienten Ruhestand gegangen sind. Ob nun Anträge zur Geschäftsordnung (immer mit beiden Zeigefingern melden!), eine Brandrede über die Ideale der Gründerzeit oder wohlfeile Kritik an der Schulleitung – das Jungvolk merkte doch immer respektvoll auf, wenn einer oder eine (meistens einer) von ihnen seine Stimme erhob, um eine neue Kontroverse aus der Taufe zu heben – selbstverständlich alles nach den Regeln der Fairness, auch wenn das manchmal dazu führte, dass man erst zur Tagesschau zu Hause war – man hatte doch insgeheim das Gefühl, eine historische Sitzung miterlebt und bedeutungsvolle Reden gehört zu haben.

Handelt es sich bei dieser Interaktionsform nun vielleicht um eine aussterbende Erscheinung? Schließlich leben wir im 21. Jahrhundert, wo wir von jedem Wohnklo aus unterrichten, diskutieren und dergleichen mehr könnten, wenn nur die Bandbreite mitspielt. Informationen über Neuerscheinungen im Personaltableau, den Fortschritt an der Restaurierung des Schulgebäudes und das neueste Kulturprojekt finden in gewohnter Manier schon längst digital ihren Weg zu uns. Entscheidungen lassen sich ja zur Not auch in Arbeitsgruppen outsourcen*. Und überhaupt, dann ist da ja auch noch die ewig präsente Seuche, die in Menschen nur noch infektiöse Rotzschleudern argwöhnt, die es zu separieren gilt.

Nein! Ich weigere mich, das zu akzeptieren! Schon früher kam es vor, dass man einige Kolleg*innen nur hin und wieder am Kopierer zu Gesicht bekam, dann vielleicht noch bei der Weihnachtsfeier – oder eben bei der GeKo (einfach mal kurz vor knapp zur Sitzung erscheinen und gucken, wo noch ein Platz frei ist – anregende Gespräche mit halbfremden Personen sind garantiert!). Fällt auch sie weg, wird aus dem Miteinander ein Nebeneinander. Ganz ehrlich, ich bin immer noch überrascht, wo plötzlich Lehrerzimmer auftauchen, wenn ich auf der Suche nach einer speziellen Lehrkraft durch Gebäude 6 tapere. Irgendwann habe ich mal von Lehrer*innen als Inselketten gesprochen – aber gefühlt ist der Meeresspiegel ganz schön gestiegen und man zieht sich auf die Insel seiner eigenen Lehrerstation zurück, da weiß man, was man hat (und wen).

Also, mein dringender Appell: Rettet die GeKo! Rettet die Kaffeepausen mit Schülerfirma-Buffett! Rettet die verzweifelten Aufrufe der Schulleitung, doch bitte wieder die Plätze einzunehmen! Rettet die babyblauen Abstimmzettel, die technischen Pannen mit dem Beamer und den Moderator, der sich mit einem gerüttelt Maß Selbstironie selbst als Redner aufruft!

Frei nach Churchill: Die GeKo ist das schlechteste aller schulischen Interaktionsformate – abgesehen von allen anderen!

Nein, im Ernst: Ich mochte die GeKo. Und sollte wieder eine stattfinden, bin ich da. Pünktlich. Ich werde zuhören, vielleicht einen klitzekleinen Comic zeichnen und mich ansonsten freuen, mitten unter euch sitzen zu dürfen. Denn man kann das Wort „zusammenGEKOmmen“ nicht schreiben ohne das Wort GeKo.

Und nun ein kleiner poetischer Beitrag eines lieben Kollegen, der aber das Licht der Schulöffentlichkeit scheut und deshalb nicht namentlich genannt werden möchte. Er hat sich seine eigenen Gedanken zum Thema Geko gemacht und soll hier ein kleines literarisches Forum bekommen:

Nun ists bald wieder:
Sitzen wir in großen Runden,
gestraft bis zu späten Stunden,
erhitzten Gemüts oder schon gestorben,
und hoffen auf ein helles Morgen.

Im Forum spricht man stets das Wahre,
wird raus getragen auf der Bahre,
dem Kollegen widerspricht man nicht,
denn so gelangt man schnell ins Licht.

Nun kommt es wie es kommen muß,
und eh man aufwacht ist schon Schluß:
Die Beschlüsse sind vergessen,
und diskutiert sie neu beim Essen.

Ja, auch morgen ist ein neuer Tag,
auf dem man gern zur GeKo mag.

* siehe auch Episode 76: „Es liegt einiges in ArGen“

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