Was ist Ihr berufliches Ziel? – Feierabend!

Nein, ich meinte langfristig! – Ach so…Wochenende!

- Verfasser unbekannt

 

„Leute, es ist Montag, das heißt, noch fünf Tage, dann ist wieder Wochenende!“ So plärrt der ausnehmend gut gelaunte Morgen-Man aus dem Radio. Nicht zu fassen, denke ich, ich hab doch noch keinen einzigen Handschlag getan außer mein Müsli in die Schale zu kippen, da wird mir die Möhre schon wieder an einer sehr langen Angel vor die Nase gehalten. Alles nicht so schlimm, Kumpel, halt durch, schon bald kannst auch du die Füße wieder hochlegen und das tun, was du möchtest, zumindest nicht arbeiten, denn wer will das schon?

Zugegeben, es gibt viele Jobs auf dieser Welt, die kaum auszuhalten sind ohne derartige Durchhalteparolen. Ich weiß das, weil ich selbst schon einige davon hatte. Und irgendwas müssen diese Moderatoren im Radio ja auch erzählen, wiegelt meine Frau ab. Ja, auch das weiß ich.

Trotzdem: Wo man auch hinschaut, überall sehnen sich die Leute nach Freizeit. Eine Umfrage, ganz gleich in welcher Klasse in welcher Schule, bei der die Frage lautet: „Was ist dir lieber? Unterricht oder kein Unterricht?“ würde Quoten nahe an 100 Prozent erzielen. Und ich spreche nicht von der Wahlbeteiligung.

Bild Mr. HO

Viel zu schmerzbeladen der Gedanke, nach den Ferien wieder das nervige Röhren des Weckers zu hören, die vom vielen Liegen erschöpften Glieder aus dem Bett zu zerren und sich mitten in der Nacht aufs Fahrrad zu schwingen. Sich dann mit Dingen regelrecht auseinandersetzen zu müssen, die länger als 30 Sekunden die Aufmerksamkeit beanspruchen und an die man sich dann einen Tag später immer noch erinnern soll. Da erscheinen süßes Nichtstun und infinite Bildschirmzeit wie ein lange verpuffter Traum. Und auf der anderen Seite des Lehrerpults sieht es oftmals – wenn auch aus anderen Gründen – ähnlich aus.

Das ist kein modernes Phänomen. Schon im 1. Jahrhundert nach Christus macht sich der römische Schriftsteller Plinius Sorgen um seinen Freund Bruttius Praesens. Warum? Der gute Praesens lebt seinen Traum und residiert nur noch auf seinen Landgütern in Süditalien, wo er die Annehmlichkeiten des Oberschichtlebens genießt: Ausschlafen, solange er will, Abendessen bis zwei Uhr morgens, ein wenig Schwimmen, leichte Lektüre, vielleicht ein paar Mimen, die ein Komödienspiel aufführen. Also bis auf wenige Abweichungen das, was man sich so unter dem süßen Leben vorstellt.

Und diesem Lebemann erteilt Plinius nun allen Ernstes den Rat, doch wieder einmal in die Großstadt zurückzukehren, sich ins Getümmel zu stürzen, das ganze laute, stinkende Gewusel der Menschen zu umarmen, sich seinen sozialen Pflichten zu widmen, Freundschaften zu pflegen. Neidisch, Plinius? Mitnichten. Es ist wie mit süßem Essen, erklärt der Gelehrte. Zuviel davon und man fühlt sich aufgebläht, übersättigt, überdrüssig. Mischt man aber scharfe Gewürze hinzu, regt das den Geschmackssinn wieder an und man genießt die Süße wieder.

Okay, jetzt müssen wir die lange Metaphernleiter wieder zurück in die Gegenwart klettern: Freizeit ist gut, aber Freizeit ohne Arbeit fühlt sich leer an, unverdient, wertlos. In den Sommerferien passiert es mir regelmäßig, dass ich überlegen muss, welcher Wochentag gerade ist. Ach, Samstag? Fühlt sich gar nicht so an. Weil ohne Tagesstruktur jeder Tag irgendwie gleich ist.

Also feiere ich den Mittwoch genauso wie den Samstag. Das Blei vom Wochenbeginn ist raus aus den Beinen, die Maschine läuft, alles geht seinen Gang. Ich trinke meinen Kaffee und bin froh, gebraucht zu werden, etwas tun zu dürfen, etwas Sinnvolles zu machen. Und das ist eigentlich viel mehr wert als das Herbeisehnen des nächsten Wochenendes. Und da, ich kann nicht anders, kommt mir das chinesische Sprichwort in den Sinn, das in vielen Versionen kursiert. Hier ist eine davon:

Willst du eine Stunde lang glücklich sein, schlafe. Willst du einen Tag lang glücklich sein, geh fischen. Willst du einen Monat lang glücklich sein, heirate. Willst du ein Leben lang glücklich sein, liebe deine Arbeit.